Nomen est omen: Die Fédération Cynologique Internationale ist ein internationaler Zusammenschluss 91 nationaler Hundeverbände, die für gemeinsame Werte einstehen, bisweilen aber auch ihre eigenen Werte verteidigen. Als kleinster gemeinsamer Nenner steht dabei stets der HUND im Vordergrund.

Während sich die FCI nicht selten mit 91 verschiedenen Standpunkten auseinandersetzen muss, sehen sich die einzelnen FCI-Mitglieder im Gegenzug den unterschiedlichen Auffassungen ihrer Züchter/Mitglieder im eigenen Land gegenüber. Entsprechend lässt sich leicht vorstellen, mit welcher Vielzahl und Vielfalt an Meinungen die FCI Tag für Tag umgehen muss.

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Y. De Clercq
FCI-Exekutivdirektor
Die primitiven Rassen (bzw. Urrassen)

Wenn man sich die Hunderassen-Nomenklatur der FCI anschaut, so findet man in der Rubrik Körperbau das Wort „Urtyp“ (primitive Rasse, Urhunde) in drei Sektionen, wobei manche Rassen nach ihrem Körperbau und andere nach ihrer Körperbau-Funktionalität eingeordnet sind:

Neben diesen Rassen könnten wir weitere, nicht anerkannte Rassen nennen, wie den australischen Dingo, den äthiopischen Wolf oder Canis simensis, den auch Rothund genannten Cuon Alpinos oder Dhole, den amerikanischen Dingo oder Carolina Dog, den Ca de Conills von Menorca, den Podenco enano del Hierro, den Podenco von Lampedusa oder den von Tunis, den französischen Podenco, den Podenco gallego und viele andere.

Laut Meyers Großes Konversationslexikon
Primitiv (lat. primitivus, der zuerst geborene)

  1. adj. ursprünglich, uranfänglich, urzuständlich
  2. adj. auf einer niedrigen Entwicklungs- oder Kulturstufe stehend

Primitiv, griechisch(pɾimi'tiβo, -βa)

http://de.thefreedictionary.com/ur-
weist auf den Anfang, den ersten, ursprünglichen Zustand von jemandem/etwas hin

Ursprung aus dem lateinischen Wort orīgo wiederum bezieht sich auf den Anfang, den Beginn, das Erscheinen, auf die Ursache einer Sache http://definicion.de/origen/#ixzz3itoIK288

Demnach müssen wir uns fragen, ob wir den Ursprung der Rassen, die wir als „primitiv“ oder urtümlich bezeichnen, wirklich kennen.

Die Beantwortung der Problematik, die aus dem Wort „PRIMITIV“ entsteht, erweist sich als ein ausgesprochen schwieriges Thema und wir könnten ganze Seiten dazu schreiben. Wenn wir uns jedoch an die Rassennomenklatur der FCI halten, gilt die Bezeichnung „primitive Hunderassen“ oder „Urhunde“ für die Rassen, von deren Alter - rund 2000 Jahre - man etwas weiß, und die bis heute identisch geblieben sind, einfach weil sie für eine gewisse Dauer geographisch isoliert waren. Das gilt z. B. für den Spitz im Allgemeinen, Hunde der vorspanischen Zeit, rustikale Hunde, Pharaonenhunde, etc.

In den jüngsten Jahren haben sich Akademiker, Biologen, Paläontologen und Forscher zusammengetan, um herauszufinden, wie aus bestimmten Wölfen Haushunde geworden sind. Ziel ist, eine Abstammungslinie zu erstellen.

Javier Salas, , Fachjournalist für Wissenschaft, Technik und Umwelt stellte am 14.11.2013 in MATERIA eine im Wissenschaftsmagazin Science , erschienene Studie vor, die den Ursprung des Haushundes in Europa ansiedelt. Dieser Studie zufolge, der die bisher vollständigste genetische Untersuchung zahlreicher aktueller Hundearten zugrunde liegt, hätte sich der Hund den Jägern und Sammlern angeschlossen, lange bevor die Menschen begannen, Ackerbau zu betreiben.

8500 Jahre alte Knochen eines Hundes in Illinois (USA) entdeckt. MATERIA.

Die heutigen Hunderassen sind Träger einer Mischung von Genen, die aus unzähligen Kreuzungen hervorgegangen ist. Genau zu bestimmen, wie diese Mischung sich entwickelt hat, ist jedoch schwierig.
Bis heute wurde in zahlreichen Studien versucht, durch Ermittlung der verschiedenen genetischen Familien mittels DNA-Analyse bestimmter heutiger Hunderassen einen Stammbaum zu erstellen.
In der ersten dieser Studien, die 2002 durchgeführt wurde, war man zu dem Schluss gekommen, dass die ersten Hunde vor 15 000 Jahren in einem Gebiet in Asien, das dem heutigen China entspricht, domestiziert wurden.
„Der Hund ist das erste und einzige Haustier, das vor dem Zeitalter des Ackerbaus domestiziert wurde.“

Eine andere, im Jahre 2010 veröffentlichte Studie, die den Ursprung dieser Domestizierung untersuchen sollte, basierte auf der Analyse von 900 Hunden und 400 Wölfen unterschiedlicher Rassen.

Diese Studie vertrat die Idee, dass der wahrscheinlichste Ursprung der Nahe Osten sei, wo es archäologische Belege für die Domestizierung der Hunde gibt, die vor rund 12 000 Jahren stattgefunden haben soll.
„Hunde scheinen größere genetische Ähnlichkeit mit den grauen Wölfen des Nahen Ostens zu haben als mit allen anderen Wolfspopulationen“, erklärte Robert Wayne, Forscher an der UCLA und Autor der Studie und erläuterte, dass es sich bei 80 % der Hunderassen um moderne Rassen handelt, die sich in den letzten Jahrhunderten entwickelt haben, während die übrigen mehrere tausend Jahre alt sind.

China oder Naher Osten?

Alle diese Ergebnisse konnten die Frage jedoch nicht abschließend beantworten. Die heutige DNA konnte die Forschung gewisse Hinweise geben, denen sie nachgehen konnte, aber es handelte sich nicht um die endgültige Lösung des Problems.

Die Wissenschaftler, die an der Suche nach dem ersten Toby teilnahmen, hatten sich daher vorgenommen, die DNA ausgestorbener Tiere zu untersuchen. Der Schlüssel, der Licht in diese so fruchtbare Evolution bringen würde, lag dabei in der genetischen Untersuchung der ersten Hunde und verschwundener Wolfsrassen.
Für diese Aufgabe, die einer internationalen Forschergruppe anvertraut wurde, zu denen auch Prof. Wayne gehörte, wurde die DNA von Wölfen und aktuellen Hunderassen - vom Basenji über den Dingo bis zu den Coyoten – analysiert.
Dazu kamen 18 Proben von Fossilien antiker Hunde, vom ersten Fossil des Typs Hund, das in Belgien gefunden wurde und rund 31 000 Jahre alt ist, bis zu einem kleinen Dutzend verschiedener, einige tausend Jahre alter Wolfsarten.

Um nun auf die Nomenklatur der Hunderassen der FCI zurückzukommen, in der für die Klassifizierung nach Körperbau von „primitiven Hunderassen“ bzw. Urhunden die Rede ist, so ist dieser Begriff nach unserem heutigen Wissensstand nicht der geeignetste. Zum jetzigen Zeitpunkt und bis wir den wirklichen Ursprung des Hundes ermittelt haben, wären Begriffe wie „Zwischenhunde, vormoderne oder Vorläuferhunde“ o. ä. vorzuziehen, um in der Nomenklatur die mehrere Tausend Jahre alten Rassen von neueren, also in den letzten Jahrhunderten entstandenen Rassen zu unterscheiden.

Ermanno Maniero