Noch bis vor wenigen Jahren lagen den Wissenschaftlern kaum Daten über die Gene
			vor, die für die Vererbung des Haarkleids beim Hund verantwortlich sind. Kürzlich
			hat ein französisch-amerikanisches Forschungsteam die spezifischen DNA-Variationen
			von rund tausend Hunden, die 80 verschiedenen Rassen angehören, analysiert. Die
			Forschungsergebnisse wurden in einem Artikel veröffentlicht mit dem Titel: „Coat
				variation in the Domestic Dog is Governed by Variants in Three Genes“ (Die Fellvarianten
				des Haushunds werden durch die Allele von drei Genen bestimmt) (Cadieu et al.-2009
				- Science). 
		
		
			Es wurden drei Hauptallele ermittelt, die für die Erscheinung des Hundefells verantwortlich
			sind. Das Vorhandensein dieser drei Allele gibt es weder beim „Grauwolf“, dem Vorfahren
			des Hundes, noch bei „Kurzhaarhunden“. Kurzhaarhunde tragen somit nur die Allele
			vom Wildtyp. Die meisten höchst variantenreichen Haarkleider, die beim Hund anzutreffen
			sind, lassen sich durch den kombinierten Einfluss der Allele dieser drei Gene erklären.
			Diese möchten wir näher betrachten. Die verwendeten Symbole entstammen den jüngsten
			einschlägigen Artikeln (G.S. Barsh - 2012). 
		
		1. Das für die „Felllänge“ verantwortliche Gen 
		
		
			Die Felllänge - d.h. Langhaar/Kurzhaar - wird durch das FGF5-Gen auf dem
			Chromosom
			32 bestimmt.  Das „Langhaar-Allel“ wurde bei den meisten langhaarigen Hunden vorgefunden.
			Infolge einer längeren Wachstumsphase wird das Haar länger. Es konnte bestätigt
			werden, dass das „Langhaar-Allel“ gegenüber dem „Kurzhaar-Allel“ rezessiv vererbt
			wird. Was die Haarlänge anbelangt, so kann sie sich zwischen einzelnen Tieren sowie
			zwischen den Rassen unterscheiden. 
		
		
			Bei allen Rassen gemeinsam betrachtet wurde das rezessive „Langhaar-Allel“ bei 91
			% der langhaarigen Hunde gefunden, bei nur 3,9 % der kurzhaarigen Hunde und bei
			ca. 30 % des Genotyps der Hunde mit halblangem Fell. Drei Rassen mit sehr langem
			Fell, und zwar der Silky Terrier, der Yorkshire Terrier und der Afghanische Windhund,
			stellen Ausnahmen dar. Diese Rassen unterscheiden sich auf der Ebene des FGF5-Gens
			nicht von Kurzhaarrassen, was vermuten lässt, dass andere Gene für die Felllänge
			eine Rolle spielen.
			
			Für dieses Gen bzw. den Genlocus L (für „length“ d.h. Länge auf Englisch)
			sind in
			der Reihenfolge
			der Dominanz die beiden für die Länge ausschlaggebenden Allele: 
		
		
			L = Kurzhaar
			l = Langhaar
		
		
			Dies ergibt die drei folgenden Möglichkeiten: 
		
		
			Homozygot  LL = Kurzhaar
			
			Heterozygot  Ll = Kurzhaar, Träger des Langhaar-Allels
			
			Homozygot  ll = Langhaar 
		
		
			Zur Erinnerung, bei den meisten Hunden hält das Haarwachstum bis zu einer spezifischen
			Länge an und hört dann auf. Bei manchen Rassen hört das Haarwachstum nicht auf,
			und es findet kein Haarwechsel statt. Unter den bekanntesten Rassen dafür sind der
			Pudel und der Bichon Frisé zu nennen. 
		
		2. Das für das Vorhandensein von „Schnurrhaaren, Augenbrauen und Bart“ verantwortliche
			Gen. 
		
		
			Das auf dem Chromosom 13 gelegene RSPO2-Gen  ist für das eventuelle Vorhandensein
			von markanten  „Schnurrhaaren, Augenbrauen und Bart“ („facial furnishings“
			auf Englisch)
			ausschlaggebend. Diese „Furnishings“ sind nur in Verbindung mit „Rauhaar“ anzutreffen.
			Die Forschungen konnten bestätigen, dass das Vorhandensein von „Furnishings“ auf
			ein dominantes Allel zurückgeht. Dies bedeutet, dass ein einziges Allel für das
			Auftreten von „Furnishings“ ausreichend ist. Bei Hunden „ohne Furnishings“ ist dieses
			Allel somit nicht vorhanden.
			
			Für dieses Gen oder den Genlocus Wh (von „wire hair  - rough coated“:
			Drahthaar
			bzw. Rauhaar auf Englisch) sind die beiden Allele: 
		
		
			Whw = Rauhaar 
			
			wh = Glatthaar 
		
		
			Dies ergibt die drei folgenden Möglichkeiten: 
		
		
			Homozygot  WhwWhw = Rauhaar mit „Furnishings“
			
			Heterozygot  Whwwh = Rauhaar mit „Furnishings“ und Träger des
			wh-Allels
			
			Homozygot  whwh = Glatthaar (smooth coat auf Englisch) 
		
		
			Das dominierende Allel Whw ist epistatisch in Bezug auf den Genlocus
			L (es gibt
			seltene Fälle von unvollständiger Dominanz). Das rezessive Allel wh lässt zu, dass
			die Allele des Genlocus L den Phänotyp beeinflussen. 
		
		3. Das für das Vorhandensein von „Locken“ ausschlaggebende Gen 
		
		
			Das auf dem Chromosom 27 angeordnete KRT7-Gen ist für das Vorhandensein oder Fehlen
			von „Locken“ entscheidend. Gemäß den Forschungsergebnissen ist dieses Gen stets
			entweder mit dem Allelenpaar „ll“ (Langhaar), oder mit dem Allel „Whw“, oder sogar
			mit beiden kombiniert.
			
			Bei diesem Gen oder dem Genlocus Cu (von „Curly“ d.h. lockig
			auf Englisch) sehen
			die dominierenden oder rezessiven Eigenschaften komplexer aus. Burns und Fraser
			(1966) schlossen auf die Dominanz von lockigem Fell gegenüber glattem Fell (straight
				coat auf Englisch). In dem Werk „The genetics of the Dog“ (2. Ausgabe –
			CAB International
			2012), stellt Professor G.S. Barsh in einer Übersichtstabelle ebenfalls Lockenhaar
			als dominant dar. Das heterozygote Gen Lockenhaar/Glatthaar soll zu welligem Haar
			(kinky oder wavy) führen.
			Es ist festzuhalten, dass beim belgischen Schäferhund Locken- und Wellenhaar als
			Fehler gelten. 
		
		Zusammenfassung 
		
		
			Die Kombination dieser drei Gene steigert ihre Wirkung und ist für die sieben Haarkleidvarianten
			verantwortlich, denen die meisten Rassehunde entsprechen. Von diesen sieben Typen
			kommen drei beim belgischen Schäferhund vor: Kurzhaar, Langhaar und Rauhaar, gemäß
			den in untenstehender Tabelle zusammengefassten genetischen Formeln: 
		
		
			
				| Phänotyp | 
				Haarlänge | 
				Furnishings | 
			
			
				| Kurzhaar	 | 
				LL oder  Ll	 | 
				whwh | 
			
			
				| Langhaar | 
				ll | 
				whwh | 
			
			
				| Rauhaar | 
				LL oder  Ll | 
				WhwWhw  ou Whwwh | 
			
		
		
			Hier zur Information die anderen vier Phänotypen, die sich aus den Kombinationen
			ergeben: 
		
		
			
				| Phänotyp | 
				Beispiel | 
			
			
				| Lockenhaar mit „Furnishings“ | 
				Airedale Terrier | 
			
			
				| Langhaar mit „Furnishings“ | 
				Bearded Collie | 
			
			
				| Lang-Lockenhaar	 | 
				Irish Water Spaniel | 
			
			
				| Lang-Lockenhaar mit „Furnishings“ | 
				Bichon Frisé | 
			
		
		
			Neben diesen drei Hauptgenen (L, Wh und Cu) sind heute zwei weitere Gene bekannt:
			Das Hr-Gen (Hairless) für Nackthunde und das R-Gen (Ridge) für den Rückenkamm des
			Rhodesian Ridgeback. Dieser Rückenkamm entsteht durch das in Gegenrichtung zum übrigen
			Fell wachsende Haar. 
		
		
			Zusammenfassend ist festzustellen, dass die ausgeführten Studien erhebliche Fortschritte
			bei den wissenschaftlichen Kenntnissen über die Fellbeschaffenheit verzeichnen.
			Es steht außer Zweifel, dass unser Wissen durch künftige gezieltere Forschungen
			weiter ergänzt und präzisiert werden wird. 
		
		
		
		
			Jean-Marie Vanbutsele