Nomen est omen: Die Fédération Cynologique Internationale ist ein internationaler Zusammenschluss 91 nationaler Hundeverbände, die für gemeinsame Werte einstehen, bisweilen aber auch ihre eigenen Werte verteidigen. Als kleinster gemeinsamer Nenner steht dabei stets der HUND im Vordergrund.

Während sich die FCI nicht selten mit 91 verschiedenen Standpunkten auseinandersetzen muss, sehen sich die einzelnen FCI-Mitglieder im Gegenzug den unterschiedlichen Auffassungen ihrer Züchter/Mitglieder im eigenen Land gegenüber. Entsprechend lässt sich leicht vorstellen, mit welcher Vielzahl und Vielfalt an Meinungen die FCI Tag für Tag umgehen muss.

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Y. De Clercq
FCI-Exekutivdirektor
Die Allele, die das Haarkleid von Hunden bestimmen

Noch bis vor wenigen Jahren lagen den Wissenschaftlern kaum Daten über die Gene vor, die für die Vererbung des Haarkleids beim Hund verantwortlich sind. Kürzlich hat ein französisch-amerikanisches Forschungsteam die spezifischen DNA-Variationen von rund tausend Hunden, die 80 verschiedenen Rassen angehören, analysiert. Die Forschungsergebnisse wurden in einem Artikel veröffentlicht mit dem Titel: „Coat variation in the Domestic Dog is Governed by Variants in Three Genes“ (Die Fellvarianten des Haushunds werden durch die Allele von drei Genen bestimmt) (Cadieu et al.-2009 - Science).

Es wurden drei Hauptallele ermittelt, die für die Erscheinung des Hundefells verantwortlich sind. Das Vorhandensein dieser drei Allele gibt es weder beim „Grauwolf“, dem Vorfahren des Hundes, noch bei „Kurzhaarhunden“. Kurzhaarhunde tragen somit nur die Allele vom Wildtyp. Die meisten höchst variantenreichen Haarkleider, die beim Hund anzutreffen sind, lassen sich durch den kombinierten Einfluss der Allele dieser drei Gene erklären. Diese möchten wir näher betrachten. Die verwendeten Symbole entstammen den jüngsten einschlägigen Artikeln (G.S. Barsh - 2012).

1. Das für die „Felllänge“ verantwortliche Gen

Die Felllänge - d.h. Langhaar/Kurzhaar - wird durch das FGF5-Gen auf dem Chromosom 32 bestimmt. Das „Langhaar-Allel“ wurde bei den meisten langhaarigen Hunden vorgefunden. Infolge einer längeren Wachstumsphase wird das Haar länger. Es konnte bestätigt werden, dass das „Langhaar-Allel“ gegenüber dem „Kurzhaar-Allel“ rezessiv vererbt wird. Was die Haarlänge anbelangt, so kann sie sich zwischen einzelnen Tieren sowie zwischen den Rassen unterscheiden.

Bei allen Rassen gemeinsam betrachtet wurde das rezessive „Langhaar-Allel“ bei 91 % der langhaarigen Hunde gefunden, bei nur 3,9 % der kurzhaarigen Hunde und bei ca. 30 % des Genotyps der Hunde mit halblangem Fell. Drei Rassen mit sehr langem Fell, und zwar der Silky Terrier, der Yorkshire Terrier und der Afghanische Windhund, stellen Ausnahmen dar. Diese Rassen unterscheiden sich auf der Ebene des FGF5-Gens nicht von Kurzhaarrassen, was vermuten lässt, dass andere Gene für die Felllänge eine Rolle spielen.
Für dieses Gen bzw. den Genlocus L (für „length“ d.h. Länge auf Englisch) sind in der Reihenfolge der Dominanz die beiden für die Länge ausschlaggebenden Allele:

L = Kurzhaar
l = Langhaar

Dies ergibt die drei folgenden Möglichkeiten:

Homozygot LL = Kurzhaar
Heterozygot Ll = Kurzhaar, Träger des Langhaar-Allels
Homozygot ll = Langhaar

Zur Erinnerung, bei den meisten Hunden hält das Haarwachstum bis zu einer spezifischen Länge an und hört dann auf. Bei manchen Rassen hört das Haarwachstum nicht auf, und es findet kein Haarwechsel statt. Unter den bekanntesten Rassen dafür sind der Pudel und der Bichon Frisé zu nennen.

2. Das für das Vorhandensein von „Schnurrhaaren, Augenbrauen und Bart“ verantwortliche Gen.

Das auf dem Chromosom 13 gelegene RSPO2-Gen ist für das eventuelle Vorhandensein von markanten „Schnurrhaaren, Augenbrauen und Bart“ („facial furnishings“ auf Englisch) ausschlaggebend. Diese „Furnishings“ sind nur in Verbindung mit „Rauhaar“ anzutreffen. Die Forschungen konnten bestätigen, dass das Vorhandensein von „Furnishings“ auf ein dominantes Allel zurückgeht. Dies bedeutet, dass ein einziges Allel für das Auftreten von „Furnishings“ ausreichend ist. Bei Hunden „ohne Furnishings“ ist dieses Allel somit nicht vorhanden.
Für dieses Gen oder den Genlocus Wh (von „wire hair - rough coated“: Drahthaar bzw. Rauhaar auf Englisch) sind die beiden Allele:

Whw = Rauhaar
wh = Glatthaar

Dies ergibt die drei folgenden Möglichkeiten:

Homozygot WhwWhw = Rauhaar mit „Furnishings“
Heterozygot Whwwh = Rauhaar mit „Furnishings“ und Träger des wh-Allels
Homozygot whwh = Glatthaar (smooth coat auf Englisch)

Das dominierende Allel Whw ist epistatisch in Bezug auf den Genlocus L (es gibt seltene Fälle von unvollständiger Dominanz). Das rezessive Allel wh lässt zu, dass die Allele des Genlocus L den Phänotyp beeinflussen.

3. Das für das Vorhandensein von „Locken“ ausschlaggebende Gen

Das auf dem Chromosom 27 angeordnete KRT7-Gen ist für das Vorhandensein oder Fehlen von „Locken“ entscheidend. Gemäß den Forschungsergebnissen ist dieses Gen stets entweder mit dem Allelenpaar „ll“ (Langhaar), oder mit dem Allel „Whw“, oder sogar mit beiden kombiniert.
Bei diesem Gen oder dem Genlocus Cu (von Curly“ d.h. lockig auf Englisch) sehen die dominierenden oder rezessiven Eigenschaften komplexer aus. Burns und Fraser (1966) schlossen auf die Dominanz von lockigem Fell gegenüber glattem Fell (straight coat auf Englisch). In dem Werk „The genetics of the Dog“ (2. Ausgabe – CAB International 2012), stellt Professor G.S. Barsh in einer Übersichtstabelle ebenfalls Lockenhaar als dominant dar. Das heterozygote Gen Lockenhaar/Glatthaar soll zu welligem Haar (kinky oder wavy) führen.
Es ist festzuhalten, dass beim belgischen Schäferhund Locken- und Wellenhaar als Fehler gelten.

Zusammenfassung

Die Kombination dieser drei Gene steigert ihre Wirkung und ist für die sieben Haarkleidvarianten verantwortlich, denen die meisten Rassehunde entsprechen. Von diesen sieben Typen kommen drei beim belgischen Schäferhund vor: Kurzhaar, Langhaar und Rauhaar, gemäß den in untenstehender Tabelle zusammengefassten genetischen Formeln:

Phänotyp Haarlänge Furnishings
Kurzhaar LL oder Ll whwh
Langhaar ll whwh
Rauhaar LL oder Ll WhwWhw ou Whwwh

Hier zur Information die anderen vier Phänotypen, die sich aus den Kombinationen ergeben:

Phänotyp Beispiel
Lockenhaar mit „Furnishings“ Airedale Terrier
Langhaar mit „Furnishings“ Bearded Collie
Lang-Lockenhaar Irish Water Spaniel
Lang-Lockenhaar mit „Furnishings“ Bichon Frisé

Neben diesen drei Hauptgenen (L, Wh und Cu) sind heute zwei weitere Gene bekannt: Das Hr-Gen (Hairless) für Nackthunde und das R-Gen (Ridge) für den Rückenkamm des Rhodesian Ridgeback. Dieser Rückenkamm entsteht durch das in Gegenrichtung zum übrigen Fell wachsende Haar.

Zusammenfassend ist festzustellen, dass die ausgeführten Studien erhebliche Fortschritte bei den wissenschaftlichen Kenntnissen über die Fellbeschaffenheit verzeichnen. Es steht außer Zweifel, dass unser Wissen durch künftige gezieltere Forschungen weiter ergänzt und präzisiert werden wird.

Jean-Marie Vanbutsele